letzte Kommentare: / "Um Besitz kümmert... damals / Mit einem freien... klagefall / Frau Fabry gefällt... c. fabry


22
Januar
Montag
Montagmorgen, die Gräue legt sich über Berlin. Sport fällt aus, Trägheit kriecht in die Glieder. Die Müdigkeitsgesellschaft.

 
 
20
Dezember
Rabbit, run
An John Updike gefällt mir der konsequent durchgehaltene schleppende Rhythmus seiner Prosa. Wie ein stolpernder Hexameter tönt das und passt damit sehr gut zu dem gebrochenen Antihelden.

 
 
19
Dezember
Parks and Recreations
Die Spezifität des Charakters der Architektur von Städten, selbst solchen, die nahe beieinander liegen, ist schon erstaunlich genug, noch feiner sind die Differenzen bei öffentlichen Parks. Ein Park und die Kurven, welche Wege schlingen, die Struktur des Asphalts, die Anordnung der Bäume und Hügel, der Grad des Verfalls, die Menge an Blättern im Herbst - man erkennt die Stadt und vielleicht sogar den Stadtteil in diesen Einzelheiten, die den Charakter des Parks ausmachen. Nicht auf Bildern, da ist der sinnliche Ausschnitt zu gering, aber beim Wandern oder Radeln durch die Parks und dem Wahrnehmen der gesamten Raumwirkung. Beweis für meine fast eher poetische als empirische These wäre ein City Guesser, der nur Aufnahmen von Parks enthält und bei dem ich zumindest Parks, die ich kenne, richtig identifiziere, weil ich die Stadt darüber fühlen kann.

 
 
11
Dezember
Wurm
Gerne beschweren sich Leute darüber, Ohrwürmer zu haben. Ich glaube ihnen nicht, Ohrwürmer von Ohrwurm-Melodien sind was nettes. Viel schlimmer sind Schüttelreimwürmer. Seit Stunden kreist dieser in meinem Kopf, ich muss ihn weitergeben:

"Die Sau, die dort im Koben grunzt
Gibt Proben ihrer groben Kunst."


 
 
13
Juli
Wildstyle
Thomas Mann, Zauberberg. Nicht viel Handlung, dafür aber poetisch genau. Best bit of the day: Die "wilde Verlegenheit" mit der verzückte junge Damen blicken können.

 
 
05
Juni
Jonni
Immer, wenn der Juni beginnt, muss ich "Jonni" denken und an den Jonnikaifur von Matthias Köppel denken. Starckdeutsch, alter Bildungsballast:

Jonni

Jonniunno - Jonnojunn,
Roign roignit, ß'scheunt di Sunn.
Duch dis Nöchtinz scheunt dr Munt,
ont dar liggd wärr süch nüch sunnt,
mütt nm Vaib ün därr Naddur
ont peweigt süch henn ont hur.
Argurlüch sünd di Insacktn,
di onz zwurckn, sünd wir nacktn.
Trumb min Jonck - pei allem Eyffur,
achte opp demm Jonnikeiffur.

 
 
14
Mai
Nachtbahnhof
Die spezifischen Geräusche auf Bahnhöfen in der Nacht. Die Müdigkeit legt sich über alles, das Kreischen der Räder wird zu einem milden Seufzen, man hört die Wechselplakate surren, die Lüftung des ICE schaltet eine Stufe zurück und seine Türen piepen.

 
 
31
Oktober
Wetterpassung
Halloween und es zieht neben den aufwändig verkleideten Kindern auch ein äußerst kleidsamer Großstadtnebel durch die Stadt. So einer, der sofort nach Agentenfilm und bösen Sowjets aussieht, die Autos werfen Linien voraus, Spinnenweben an den Laternen glitzern.

 
 
03
September
Zuggenuss
Es ist immer leichter zu schimpfen als zu loben. Wer schimpft, macht sich unangreifbar, wer lobt, öffnet sich. Schimpfen schafft auch mehr Gemeinsamkeit, ein geteiltes Übel eint die Menschen. Das liebste Objekt unserer Verdrussbezeugungen ist seit Jahrzehnten die Bahn. In den Neunzigerjahren noch, als Reichsbahn und deutsche Bahn fusionierten, die Bahnreform gerade anlief und die ICEs neu waren und Begeisterung auslösten herrschte noch einmal Optimismus. Eisenbahnfans waren zwar schon damals nur noch die alten Herren. Faszinierend waren die Bahnen nicht mehr. Heute gibt es in Bezug au die Bahn nur noch Hass. Es liegen auch in den Bahnhofsbuchhandlungen keine Bücher mehr aus, die sich der Schönheit des Bahnfahrens widmen. Dabei ist die Grunderfahrung der Bahnfahrt bei allem Ärger, der häufig vorkommt, eine sinnlich sanfte und schöne. Angenehm wiegend surrt man durch die Landschaft, nirgends liest es sich schöner in Büchern oder Magazinen und kein Fortbewegungsmittel ist zeitgemäßer. Von der Romantik paneuroäischer Nachtzugreisen will ich gar nicht reden. Das Jahrzehnt der Bahnen, ich bin voll dafür, auch wenn mindestens die erste Hälfte ein Tal der Tränen ist. Italien (hier muss man anscheinend immer anmerken "ausgerechnet!") ist schon durch.

 
 
22
März
Tand
Der Verlust der tändelnden Poesie durch Corona- und Kriegsnachrichten. Das Sanfte, zweideutig suchende ist zu unwichtig geworden. Wir haben wirklich andere Sorgen. Wie schade! Wie offensichtlich!

 
 
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Last update: 23. Apr, 09:13
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