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03
Juni
Preisung der Provinz
Auf der Hinfahrt nach Bayreuth notierte ich mir noch die These, nur erstmalige Rückkehrten an Orte hätten einen besonderen nostalgischen Zauber an sich. Doch auch bei der dritten Rückkehr in meine alte Unistadt wieder: diese brutale Schönheit der Provinz und der umliegenden Landschaft (auch, jedes Mal, die ICE-Fahrt durchs verboten schöne Saaletal, die es bald nicht mehr geben wird). So will man das haben, aus Berlin kommend, besseren Urlaub kann es nicht geben. Echte deutsche wohlhabende Provinzstädte, in denen alles so fundamental in Ordnung, vernünftig und eben selbstverständlich ist, so dermaßen okay-entspannt ist, dass es fast schon weh tut. (Man will dagegen nicht: Die Münchner Schickeria oder Urlaub an Touristenorten.) Die Preisung dieser Provinz aus Berliner Federn/Fingern/Mündern dürfte fast zu einem eigenen Genre geworden sein.
Ich sitze auf dem park-artigen Campus, auf dem die Gebäude kein einziges Fältchen dazu bekommen haben, nur das Grün der Wiesen und Bäume noch saftiger geworden ist, und kann mich stundenlang nicht davon losreißen, die quietsch-gesunden, jungen, frechen Anstand ausstrahlenden Studentinnen zu bewundern und ihrem im besten Falle hauchzarten, bayerischen Dialekt zu lauschen. Ich darf in einer internationalen WG übernachten, die von keinem Erasmus-Traum so leicht übertroffen werden könnte. Zum Frühstück spielt stimmungsvoll warme Musik von Schallplatten, der brasilianische Molekular-Physiker neckt seine schönen Mitbewohnerinnen gekonnt, aber in sympathisch gebrochenem Deutsch. Es hängen kopierte Auszüge von „Berlin, Alexanderplatz“ und auch diese immergleichen, immer anderen schwarzweiß Kunstphotos an den Wänden. Man ist so nett zueinander, dass es mich fast zerreißt und ich mich frage, warum eigentlich jemals irgendjemand anders wohnen will. Das ginge doch! Auch und erst recht mit Kindern! Was leider nicht für immer und für alle geht und was sich an Unis in der Außenbetrachtung so leicht romantisch verklären lässt: Zweckfreie Bildung zur Hauptbeschäftigung haben. Danke, dass ich so lange durfte!
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