letzte Kommentare: / "weil Design keinen... damals / Da sind wir uns... froschfilm / Ich dagegen glaube,... c. fabry


12
Juli
Kinder
Es ist schon so: Kinder passen eher schlecht in die Welt gut ausgebildeter Berufsanfänger um die dreißig. Selbst wenn man sich in einer Beziehungssituation befindet, in der an Kinder gedacht wird, ist die Lebenssituation entweder prekär oder beide Partner sind beruflich so eingespannt, dass ein Kind stören würde. Da sage ich, der überzeugte Familienmensch, so what? Man muss ja keine Kinder haben. Wem sie nicht passen, oder wer keine will, soll keine kriegen. Wer bettelarm ist vielleicht eher auch nicht. Deutschland ist durchaus dicht genug bevölkert. Die BIP-Wachstumsverluste wird man schon irgendwie managen können, wenn es keine herben Wachstumsverluste pro Kopf sind. Unser Rentensystem kann man schrittweise umstellen und tut dies ja bereits. Für solche Veränderungen hat man Zeit. Einzig die jungen Frauen stehen vor einem (individuellen) Dilemma: Wenn sie "eigentlich schon" Kinder wollen, aber jetzt nicht, dann wird es irgendwann knapp. Das ist schade, verhält sich aber bei jedem Hobby ähnlich. Mit 40 wird man es im Rugby nicht mehr weit bringen. Und Kinder werden vom Staat weit mehr unterstützt als Rugbyspieler, sind aber, das sei hier zugegeben, auch etwas aufwändiger in der Pflege.

[Update]: Ein weiteres Argument, dass ich, der Kinderfreund und Vater, gerne gegen Kinder anführe, bezieht sich auf den Umweltaspekt. Kinder sind die größte denkbare Umweltverschmutzung. Geburtenförderung ist mit den Klimazielen nicht vereinbar.

 
"Wem Kinder nicht passen, der soll keine kriegen." Dem kann ich nur zustimmen. Bekannte von mir, eher konventionell denkende Doppelverdiener, die gern kuschelig in ihrem Reihenhäuschen sitzen, bringen seit Jahren den Mut auf, den Erwartungen der Verwandtschaft und Bekanntschaft zu trotzen und eben keine Kinder zu bekommen. Sie wissen, sie wären schlechte Eltern. Vor so einer Entscheidung hab ich Hochachtung.
Aber warum sollten bettelarme Menschen auf Kinder verzichten, wenn sie welche wollen? Wenn es um so essentielle Lebensentscheidungen wie das Kinderkriegen geht, dann muss doch mal Schluss sein mit dem ökonomischen Denken! Mal ganz davon abgesehen, dass ich es immer noch für am besten halte, wenn Kinder einfach "passieren", statt dass sie minutiös (und unter Einrechnung der finanziellen Verhältnisse) geplant werden.
In Deutschland gibt es gar keine bettelarmen Menschen. Wer aber in Umständen lebt, die bewirken werden, dass die Kinder leiden werden, sollte lieber auf die Kinder verzichten.
 
 
 
Nicht zu verachten ist der Druck aus den Reihen der Familie und der Gesellschaft, der einem als Reproduktionsverweigerer entgegenschlägt. Da ist man plötzlich dann pauschal "Kinderhasser", "narzisstisch-egoistisches Karriereweib" oder sogar "gar keine richtige Frau". Ich find's immer noch bemerkenswert, dass man sich dafür rechtfertigen muss, keine Kinder zu wollen. Ich finde, Leute sollten sich eher rechtfertigen müssen, wenn sie Kinder wollen. Die Konsequenzen dieser Entscheidung sind schließlich um ein Vielfaches weitreichender. Mit Leben spielt man nicht, schon gar nicht aus Gründen der Sinnstiftung, Rentenproblematik oder einfach aus "Lust" aufs Schwangersein oder Kind-Haben. Wenn indessen Kinder kommen, weil sie willkommen und erwünscht sind - um so besser für sie (und auch für die Eltern). Erholsam ist es, endlich mal irgendwo zu lesen Wem sie nicht passen, oder wer keine will, soll keine kriegen.

Allerdings: Bettelarm hin oder her, man sollte doch schon wissen, wie man sein Kind ernähren will, wenn man eines bekommt, oder? Manch einer verlässt sich sicher darauf, dass die Allgemeinheit es schon richten wird...
Außerdem sind Kinder die allergrößte Umweltverschmutzung, die man sich denken kann. Klimaziele und Geburtenförderung passen nicht zusammen!
 
Na ja, der Mensch überhaupt ist - aufgrund seiner allzu großen Verbreitung - eine erhebliche Umweltbelastung.
Aber davon mal abgesehen: Wir hatten uns heute Morgen, glaube ich, missverstanden - ich hatte wirklich nicht über Deutschland hinaus gedacht. Also, wenn Menschen in Situationen leben, in denen sie davon ausgehen können, dass es ihren Kindern grundsätzlich an Nahrung oder an Betreuung bzw. Erziehung mangeln wird, ja, dann natürlich ... aber dann leben sie vermutlich selbst nicht in menschenwürdigen Verhältnissen - und sollten ihr eigenes Schicksal nicht auch noch anderen zumuten. Ich wollt auch nicht moralisiern, ich wollte nur das Recht auf Fortpflanzung verteidigen.
@sturmfrau: Auch Sie haben Recht, allerdings nicht vollständig. Ich finde, neben den Eltern hat auch die menschliche Gemeinschaft (die bei uns nationalstaatlich organisiert ist) Verantwortung für die Kinder - schließlich sind wir Rudeltiere. Die Kinder gehören nicht den Eltern allein.
 
Zugegeben: Ich habe auch ursprünglich nicht über Deutschland hinausgedacht. Hierzulande finde ich die Idee der Kinder, die "einfach passieren" auch sehr sympathisch, wenn auch zunehmend unrealistisch. So geht es mit vielen sympathsichen Ideen.
 
Die Welt der gut ausgebildeten Berufsanfänger um die dreißig passt nicht zu Kindern. Vielleicht liegt hier das größte Optimierungspotenzial.
 
Natürlich. Wenn man denn Kinder will! Und da wird ja auch fleißig optimiert, aber, wie immer, in Skandinavien ist man VIEL weiter!
 
Wo sonst. Bestimmt haben das auch amerikanische Wissenschaftler herausgefunden. ;-)
 
@damals:
Die Kinder gehören nicht den Eltern allein.

Ich finde, über diesen Punkt kann man zumindest streiten. Klar, wenn die Kinder mal da sind, ist es sinnvoll, dass die Gemeinschaft dafür gerade steht, dass es ihnen gut geht. Denn die Kinder können ja schließlich nicht für sich selbst sorgen, und sie haben es verdient, umsorgt und entspannt groß werden zu dürfen.

Andererseits finde ich es problematisch, dass wohl insgesamt nicht mehr so gründlich darüber nachgedacht wird, ob man die Mäuler der Kinder, die man in die Welt setzt, auch tatsächlich stopfen kann. Irgendein Rettungsnetz ist ja immer da - das verleitet dann manche Eltern dazu, ihre Verantwortung als solche nicht mehr wahrzunehmen. Das Ergebnis sind Kinder, die ohne Frühstück aus dem Haus gehen und ihr Mittagessen in der Suppenküche bekommen, weil die Eltern nicht einmal in der Lage sind, Spaghetti Bolognese für ihren Nachwuchs zu kochen. Wie in solchen Verhältnissen dann erst das seelische Wohl der Kinder gesichert werden soll, das frage ich mich. Auch, wenn mir durchaus bewusst ist, dass ich ein Klischee bemühe, aus der Luft gegriffen ist es dennoch nicht. Und vor allem tun mir bei der ganzen Sache die Kinder Leid.

Übrigens bekomme ich oft das Argument zu hören: "Unsere Kinder bezahlen später mal Eure Rente!", und das hängt mir wirklich zum Halse heraus. Es ist wahrscheinlicher, dass ich für diese Kinder das Arbeitslosengeld bezahle und mich zusätzlich um meine Rente selbst kümmern muss... Denn wo nichts erwirtschaftet wird, greift auch das schönste Generationen-Solidar-Prinzip nicht mehr.

Also, nichts gegen Kinder, im Gegenteil. Sie sind willkommen, sie bereichern uns. Nur nicht als Ausrede für die Eltern, sich allein des "Kinderhabens" wegen auf die faule Haut zu legen in der Annahme, allein durch die Reproduktion hätten sie ihre gesellschaftliche Pflicht bereits erfüllt.
 
@Sturmfrau: Fehlanreize überall! Das Elterngeld sollte doch die guten Akademikerkinder fördern, stattdessen bekommen wir jetzt noch mehr Kopftuchmädchen.
Ich bin, was so langfristige Themen angeht, irgendwie irrational sehr gelassen. In 50 Jahren wird das alles ziemlich egal sein, an welchen Schräubchen wir heute drehen.
 
Ach, Akademikerkinder... Ob die die Rettung wären? Ich glaube, da hätten wir dann eine ganze Reihe frühüberforderter, spielunfähiger Mittelpunktkinder. Was das für unsere Zukunft bedeuten würde, weiß ich auch nicht. Wahscheinlich kriegt jede Gesellschaft die Kinder, die sie verdient.
 
@sturmfrau: Ich meinte doch nicht, dass die Eltern aus der Verantwortung entlassen sind, nur weil die Gemeinschaft eine Mitverantwortung hat! Da könnte man ja genauso gut - um mal froschfilms Idee von der Umweltverschmutzung aufzugreifen - seinen Müll einfach auf die Straße schmeißen, weil ja nächste Woche wieder die Stadtreinigung kommt.
Und wie gesagt, ich sehe Kinderkriegen als ein Recht an (das dann leider auch für Idioten gelten muss, so funktioniert nunmal Demokratie) - eine gesellschaftliche Pflicht oder gute Tat oder so kann ich darin nicht erkennen.
Schön wäre es, wenn Kinder wieder etwas Normales sein könnten, um das man sich halt kümmert, weil es da ist.
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Zum Schluss vielleicht noch ein persönliches Wort: Als ich Vater wurde, na so richtig war das nicht geplant, entprechend hab ich über das Mäulerstopfen erst nachzudenken angefangen, als meine Freundin schwanger war. Ich hab dann meine sowieso vagen Kariereflausen sausen lassen und bin halt arbeiten gegangen. Das geht schon, wenn man muss.
 
Das geht auch, wenn man nicht muss. Karriereflausen, ob vage oder nicht, sollte man sowieso sausen lassen!
 
@damals:

Ich sehe darin weder ein Recht noch eine Pflicht, Kinder zu bekommen. Es wäre in der Tat am schönsten, wenn sie einfach kämen, mit dabei wären und nicht mit Erwartungen (das Leben der Eltern fortzuschreiben z.B.) und Funktionen (Rente erwirtschaften z.B.) überfrachtet würden. Aber das funzt wohl nicht.

Du hast Dir Gedanken darüber gemacht, wie Du Dein Kind ernährst, als es dann unterwegs war (und in Sachen Karriereflausen bin ich mit Froschfilm d'accord...). Dass man Kinder nicht zwangsläufig planen muss, um nachher doch adäquat für sie dazusein, ist doch klar. Ich habe nur den ganz subjektiven Eindruck, dass es Menschen gibt, die sich darüber überhaupt nicht den Kopf zerbrechen, sondern es schon als unzumutbare Mühe empfinden, sich um den Nachwuchs überhaupt kümmern zu müssen. Das passiert wohl auch Leuten, die ein Kind planen und sich zuerst mal auf das "süße Baby" freuen, hinterher aber feststellen müssen, dass es viel Mühe macht und sie von ihren Freiheiten und Freizeitbeschäftigungen abhält.

Was die gesellschaftliche Verpflichtung angeht: Ich bezog das auf Eltern, vornehmlich Mütter, die ich immer wieder im Alltag beobachte und die sich benehmen, als gäbe es um sie herum keine Mitmenschen. Die in einem Anfall von merkbefreitem Verhalten wiederholt Kinderwagen in die Hacken schieben, sich vordrängeln oder anderweitig rücksichtslos verhalten mit der Grundhaltung: "Ich hab' Kinder, ich darf das!" So etwas gibt es nämlich auch. Wobei ich hinzufügen muss, dass ich glaube, die Mehrheit der Eltern ist nicht so gestrickt.
 
Das ist ein beliebtes Klischee. Es gibt aber auch Männer, die saufen. Ja, es gibt sogar sogenannte Penner. Die Mehrheit ist allerdings nicht so gestrickt.