letzte Kommentare: / "weil Design keinen... damals / Da sind wir uns... froschfilm / Ich dagegen glaube,... c. fabry | |
13
Juni
Alt
Vor 15 Jahren ärgerten wir uns, als böse Kapitalisten unsere coolen Sendungen im Musikfernsehen einstampften, weil mit Klingeltonwerbung mehr zu verdienen war. Jetzt nehmen die bösen Kapitalisten unsere Lieblingssendungen aus ihren Plattformen, vermutlich in vorauseilendem Gehorsam vor möglichen Shitstorms. Little Britain und Fawlty Towers hat es erwischt und ich wünsche mir einen Aufschrei: GLAUBT IHR WIRKLICH, ALLES WAS NICHT EINDEUTIG BANAL GUT IST, MUSS WEG? Wer kann dermaßen dumm sein? Versteht niemand mehr Ironie? Wird die Satirezeitschrift Titanic bald verboten und zwar von liberalen Vorkämpfern? Weil Hitler auf Titelbildern erscheint?
Dieser Aufschrei ist die offensichtliche Gegenreaktion. Interessanter ist es ja immer, wenn man ernsthaft fragt, was passiert und wenn man bereit ist an den eigenen Überzeugungen zu rütteln. Versuchen wir das mal. Zunächst muss man feststellen, dass man aktuell nicht von Zensur sprechen kann. Einzelne Plattform-Anbieter ändern ihr Programm, mehr nicht. Gesellschaftlich gerät aber dennoch etwas in Bewegung. Vielleicht ist die Form der Ironie und der scharfen Konversation am Ende, die harten Gegnerschaften lösen sich auf, alles wird netter, braver, man provoziert nicht mehr gerne, man ist achtsam, freundlich, sanft, verständnisvoll? Derber Humor ist nicht mehr im Trend, er könnte Menschen beleidigen. Eine friedliche liberale, sanfte Gesellschaft, die mit Trigger-Warnings arbeitet geht mir zwar gegen den Strich, ist aber mit einer aufklärerischen, diskursethisch geschulten Position gut vereinbar - wenn sie nicht aggressiv gegen ihre Gegner hetzt. Ich bin wohl nur alt, wenn mir das nicht gefällt.
Ach, ich glaube, mit dem Alter hat das nichts zu tun.
Es gibt doch immer so gesellschaftliche Wellenbewegungen von einem Extrem zum Anderen. Als eingefleischter Titanic-Fan habe ich auch einmal überlegt, ob ich der Redaktion nicht schreiben soll, ob wirklich jede Geschmacklosigkeit sein muss - das war ein böser Witz mit einem Foto von einem von Taliban an einem Abschleppwagen erhängten Afghanen, das ging mir persönlich zu weit. Das ist etwas anderes als Witze mit Fotos von in der Badewanne suzidierten Politikern. Trotzdem habe ich mich nicht gerührt, dachte, dann machen die sich auch noch über meine Kritik lustig und es bringt nichts.
Die aktuelle political correctness geht mir aber auch gegen den Strich, weil das einfach zu undifferenzeirt ist. Da ist die kleinkarierte, erbsenzählerische Wortklauberei bei jedem Kalauer, der im Verdacht steht, irgendwie rassistisch, sexistisch, respektlos, religionsverunglipfend oder was auch immer zu sein am Ende kontraproduktiv, weil es dann wieder rüde Gegenbewegungen gibt, die gar keine Grenzen mehr kennen. Ich finde man muss drüber reden. Und es darf auch nicht jeder sofort aus einer Talkshow geworfen werden, der ein wenig gegen den Strich gebürstet ist. Nur Faschisten sollte man keine Plattform bieten. Sind aber manchmal schwer einzuordnen, kann passieren, dass man dem einen Unrecht tut und einem die andere Braune Ratte durchflutscht. Aber schreien Sie ruhig auf. Obwohl ich gestehe, dass ich Little Britain im Vergleich zu Monty Python schon arg unterirdisch finde. Manchmal mag ich so derbe Späße, manchmal sind sie mir zu blöd. Vielleicht waren die Quoten schlecht. Die Konsumierenden verlangen nach Abwechslung und ständig neuen und übrraschenden Reizen. Sorry, ist ein bisschen lang geraten, der Kommentar. Dürfen Sie löschen, wenn's Sie nervt :-) Nee, freut mich ja!
Ich bin gar kein großer Fan von Little Britain.
14. Jun, 21:57
froschfilm
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Die Musiksendungen wurden doch nicht von der Klingeltonwerbung verdrängt, sondern von immer mehr Jackass- und sogenannten Real-Life-Formaten.
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