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27
Juli
R-Word
Diejenigen, welche sich gegen das Wort "Rasse" im Grundgesetz wenden, weil es biologisch keine Grundlage dafür gibt, sollten doch auch konsequenterweise gegen das Wort Rassismus sein, oder?
Finde ich nicht. Rassismus bedeutet ja, dass man Menschen in Rassen einteilt und sie auf diese Einteilung reduziert - unabhängig davon ob es Rassen gibt oder nicht.
Hmm. Man diskriminiert also gegen ein Merkmal, das es gar nicht gibt. Wie soll das denn gehen? Damit würde man ja zufällig diskriminieren und das wäre ja keine Diskrimierung sondern random Hass.
28. Jul, 09:36
froschfilm
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Jetzt werden Sie aber spitzfindig ;-)
Es gibt ja durchaus optische Merkmale an denen sich Menschen unterscheiden lassen, die einer bestimmten Gruppe angehören, einem genetischen Pool sozusagen. Man sieht ja schon, ob jemand Wurzeln in Ostasien hat oder in Zentralafrika oder in Mitteleuropa, es gibt ja sogar Leute, die typisch niederländisch aussehen und ich meine jetzt nicht das gelbe Nummernschild oder den Caravan.
Diese äußeren Merkmale hat man fälschlicherweise als Rassen bezeichnet, aber das ist so, als würde man schwarze und helle Labradorhunde als zwei verschiedene Rassen bezeichnen, was sie nicht sind. Wenn es bei Menschen überhaupt eine Rasse gibt, dann gehören wir alle der gleichen Rasse an, nur mit diversen körperlichen Variationen (Fellfarbe, Beinlänge, Augenstellung...) Das Denken, es gebe Rassen, denen man aufgrund ihrer genetischen Disposition bestimmte Eigenschaften zuschreiben kann wie zum Beispiel Verschlagenheit, Rythmusgefühl, hohe Intelligenz, Kränklichkeit... - das bezeichnet man als Rassismus, aber das wissen Sie sicher längst :-) Man könnte es natürlich auch Volksgruppenzugehörigkeitsismus nennen oder Ethnizismus, damit es nicht so lang und übel neologistisch klingt. Aber wenn ich Ethnizismus bei Ecosia eingebe, bekomme ich als Ergebinsse Antivirusprogramm, Druckerpattronen und Flüssiggas angeboten. Nationalismus?
Immerhin: Wenn Rassimus Leute bezeichnet, die aufgrund der Fehlannahme, es gäbe Menschenrassen, Menschen diskriminieren, dann müssten die Gegner des Wortes „Rasse“ im Grundgesetz nicht auch gegen das Wort Rassismus sein.
28. Jul, 12:22
froschfilm
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Da haben Sie ganz Recht, froschfilm. Ich finde es auch dumm, ein Wort streichen zu wollen, aus der Erkenntnis heraus, dass es das entsprechende Phänomen faktisch "nicht gibt". Das ist eine engstirnige Faktengläubigkeit. Denn alles, was Menschen denken, das gibt es auch, nämlich als Idee. (Vampire z.B. "gibt" es auch nicht, dennoch spielt die Idee, es gäbe welche, in unserer Kultur durchaus eine Rolle.) Zu solch einer Idee kann man aber eine Haltung haben. Ich halte es für sehr wichtig, die Idee von "Rassen" als eine gefährliche (letztlich auch antiwissenschaftliche) Idee zu erkennen. Zu diesem Zweck muss man aber die Idee benennen können, und daher brauchen wir die Begriffe "Rasse" und "Rassismus".
Im übrigen fände ich es besser, wenn im Grundgesetz nicht einzeln aufgeführt würde, weshalb man nicht diskriminieren darf, sondern wenn Diskriminierung einfach grundsätzlich verboten wäre. Aber dann bekämen wir wahrscheinlich ein Problem wegen der Leute, die aufgrund ihres Kontostands diskriminiert werden ...
Tatsächlich subsubsumiert der Begriff Rassismus eine Reihe von Verhaltensweisen und Einstellungen, die mit dem Glauben an Rassen streng genommen nicht viel zu tun hat. Insofern finde ich es nicht zielführend, Phänomene wie Fremdenfeindlichkeit als Rassismus zu deklarieren.
Hinzu kommt: Die wenigsten Rassisten dürften heutzutage die Rasse als Grundlage ihres Überlegenheitsgefühls sehen. Ziemlich vieles, was heute unter dem Rubrum Rassismus läuft, müsste korrekterweise eher als Kulturalismus bezeichnet werden. Der Trennschärfe von Othering-Phänomenen tut es nicht gut, alles unter dem selben Begriff zu verhandeln. Sonst kommen wir noch dahin, die traditionelle Abneigung zwischen Kölnern und Düsseldorfern als Regionalrassismus zu deklarieren. Bedenkenswerte Einwürfe, über die ich erstmal nachdenken (und den Begriff "Othering", den ich nicht kannte, bei Wikipedia nachlesen) musste.
Auch wenn die Trennschärfe von Othering-Phänomenen mir als politschem wie soziologischem Laien wenig bedeutet, ist sie doch ziemlich erhellend. Dass der hässliche Rasse-Gedanke in der heutigen Fremdenfeindlichkeit viel weniger eine Rolle spielt als noch vor 100 Jahren, spricht ja meines Erachtens z.B. für eine Abmilderung des Phänomens (Verzicht auf naturwissenschaftliche "Begründung" der eigenen Aggression) und könnte hoffen lassen, dass Othering überhaupt auch in Zukunft weiter an gesellschaftlicher Akzeptanz verliert. |