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04
März
Normen beugen
Wie sehr es doch außerhalb bildungsbürgerlicher Normen liegt, wenn jemand zugibt, dass er kein Interesse an Romanen hat. Ja, schlimmer, er hat kein Interesse mehr an Romanen (er hat früher durchaus gelesen, Bücher verschlungen, gar). Er hat nicht "zu wenig Zeit" - was ja eine Aussage ist, die alle akzeptieren. Er will nicht mehr.

 
Mir selber ist dieser ennui seit einigen Jahren nicht mehr völlig fremd, und ich hätte auch keine Mühe, dutzendweise Leute aufzutreiben, denen es ähnlich geht. Mancher versucht es noch mit dem Erwerb eines E-Book-Readers zu kaschieren, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass diese traditionell-bildungsbürgerliche Welt zunehmend zu einem Rand- und Nischenphänomen wird.
Auch dank der von mir schon oft erwähnten Literaturhäppchen aus Weblogs. Darf man sagen "leider"?
 
Sicher darf man das.
Aber die Frage, inwieweit jenseits unserer kleinen Blogger- und Bloglesernische noch ganz andere Ursachenbündel wirken, darf man dann schon auch stellen. Nicht, dass dergleichen meine Welt wäre, aber staffelweise US-Kultserien auf DVD befriedigen das Bedürfnis vieler Zeitgenossen nach Narrativem anscheinend besser als Buchstaben zwischen zwei Buchdeckeln.
 
Vielleicht täuscht das alles aber auch. Insgesamt gibt es jedenfalls keinen Einbruch. Und dass die Jugend nicht mehr liest, wird ja bejammert, spätestens nachdem man sich beklagt hatte, sie lese zu viel und versenke sich damit in Phantasie-Welten.
 
Ach,
mir ist da auch nicht sonderlich bange. Grad gestern ist Töchterlein (7) wieder in den Buchladen gegenüber marschiert, um neuen Lesestoff zu erwerben.

Und wäre Lesen bei schlechtem Licht auch nur halb so schädlich gewesen, wie es meine Mutter und meine Oma immer behauptet hatten, dann hätte ich spätestens mit 20 blind sein müssen wie ein Grottenolm. ;-)