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... neuere Stories
23
Januar
Mut
Sich trauen oder nichts verhauen? Künstler müssen schon was wagen, aber gute Literatur erkennt man eher daran, dass kein poetisches Bild verhauen ist, als dass der Autor viele Bilder wagt, die dann teilweise schief hängen.
15
Januar
Mikromimikri
Es gibt zwei Filme, die auf englisch "Lie with me" heißen. Der ältere ist heiß, aber ungenau, der neuere kommt aus Frankreich und zeigt ein feines Minenspiel, wie es selten zu erleben ist. Auf den Punkt perfekt, fast zu perfekt, so als wollten die Schauspieler angeben: Schaut mal, wie subtil ich zucken kann. Sehenswert!
14
Januar
Joint Venture Konzert
Joint Venture kannte ich in den 90ern, obwohl ich nicht aus Bonn komme. Sprachlich gekonnt, damit hat man mich schnell. Das zwischen den Beinen ist das beste Beispiel.
Zwei Dinge wunderten mich auf dem Konzert gestern im SO36: Warum hat der Sänger Götz Widmann so viele junge, weiblich Fans? Bzw. woher? Lockt er die auf social media an? Er ist der Archetyp des alten Sacks. Mögen die jungen sowas wieder? Das SO36 ist doch auch eher eine alte Säcke Institution, daran kann es kaum liegen. Außerdem das Wort "Liedermacher". Sind nicht fast alle irgendwie Liedermacher? Liederschreiber&Sänger wäre ja viel klarer. Aber Klarheit und Kunst passen wohl nicht zusammen.
28
Dezember
Harry Podcast
Kein Geheimtipp, aber für die Zeit zwischen den Jahren besonders geeignet. Coldmirror und ihr 5 Minuten Harry Podcast, link spare ich mir, wäre ja albern, als ob man das nicht kennte und falls nicht, es nicht finden würde.
Mit Harry selbst werde ich nie ganz warm. Ich bin eher die Nirvana als die Harry Potter Generation außerdem ist mir Fantasy viel zu phantasievoll - da geht dann immer plötzlich einfach alles, man braucht nicht mal ein Plot Device. In Unterhaltungen werfe ich gerne ein, dass laut einer befreundeten Anglistin nur Shakespeare und Harry Potter im Anglistik Studium Pflicht sind, den Rest könne man sich aussuchen. Ich würde eher den Harry Podcast zur Pflicht im Germanistik-Studium machen. In jeder Folge wird mindestens eine Stunde über 5 Minuten des ersten Harry Potter Films gesprochen. Manisches Fantum, manisch präsentiert, irrer Witz. Cold Mirror muss Harry Potter unbändig lieben, sonst würde sie nicht seit 2015 weitermachen. Aber Liebe und Fantum trägt selbstverständlich nicht durch 8 Jahre und daher sind die Folgen ein verrücktes Feuerwerk aus Fun Facts und Obsessionen über völlig irrelevante (Fehl)entscheidungen. Das ist wirklich etwas für meine ganze Familie! Und jetzt ist er am Ende. Groß!
08
Dezember
Moderne Kunst
Der große Scott schrieb vor zwei Jahren darüber, warum moderne Kunst, Kleidung und Architektur so hässlich sind, beziehungsweise, warum sie der Mehrheit nicht gefallen.
Eine langweiligere These gibt es kaum. Das ist genau die Meinung meiner Oma. Der dem großen Scott gelingt es selbst mit einer so lahmen wie vermutlich falschen These, das Maximum herauszuholen. Jeder Aspekt wird diskutiert, Verschwörungstheorien eingebracht und ein Titel gefunden, der mir immer noch im Ohr ist. Volles Bildungspopcorn. So falsch wie genial: https://www.astralcodexten.com/p/whither-tartaria
07
Dezember
Wintermärchen
Zwang zur Poesie vor dem großen Schmelz. Die Tristesse des gelblich-schimmligen Laubs von halbem Nebel schwach umhüllt, nasser Beton, Einsamkeit und Kälte, bräunliche Wiesenflecken auf gerade noch deckendem Schnee. Ich photographiere und fühle mich angemessen.
03
Dezember
This is where the fun ends
Nicht nur dürfen professionelle Schauspieler am Theater in ihrem körperlichen Können nicht zu gut sein. Etwaige Scherze dürfen auch nicht zu lustig sein, sonst wirkt das zu sehr nach Comedy und nicht mehr nach Kunst. Schwierig, wenn ein ganzes Stück absurder Quatsch ist.
26
November
Politisch
Es gibt Kunst, die sich politisch nennt, dabei aber nur das Alleroffensichtlichste zeigt, nur ihre Blase bestätigt ohne irgendeinen Twist oder neuen Gedanken. Zum Beispiel wird gezeigt, dass Krieg schlecht ist, oder dass Rassismus existiert. Vielleicht bin ich bei so etwas auf dem ästhetischen Auge blind, was schade ist, denn um Ästhetik sollte es bei Kunst ja gehen. Es fällt mir aber schwer, mich empfänglich für möglicherweise feine Ästhetik zu machen, wenn die Botschaft so holzhammersimpel ist.
20
November
Große Literatur
Dem Roman "Der Liebhaber" von Maguerite Duras wurde vom Literaturpodcast meines Vertrauens höchstes Lob zu Teil. Selten waren sich die beiden so einige, dass es sich bei einem Buch um große Literatur handeln würde - und dazu noch im Kurzformat, nicht mehr als 120 Seiten. Nach dem Zauberberg also genau das Richtige!
Und es ist wirklich ein großes kleines Buch! Doch ganz so heiß wie Anselm und Nefeli kann ich den Liebhaber leider nicht lieben. Was fehlt mir zur großen Liebe? Entscheidend ist wohl das Ende. Es wird mir zu traumartig meditativ. Das ist immer sehr konsequent und stimmig, aber dieser dauerhaft melancholisch-meditative Tonfall, besonders im letzten Drittel, klang mir doch zu sehr nach besinnlichem Kunstwollen. Gekonntes Kunstwollen zwar, aber ich bin da etwas allergisch oder habe eine zu geringe Aufmerksamkeitsspanne und dürste nach mehr Abwechslung oder Pointierung: das langsame Ausgleiten in Gedanken passt vielleicht zum Leben der Autorin und auch zum Inhalt, aber nicht zu mir. Sehr subjektive Kritik also. Objektiveres Urteil: Große Literatur, insbesondere in der Komplexität der Figuren und ihrer Darstellung mit wenigen klaren Pinselstrichen.
15
November
Warum Kunst?
Bei Musik stellt sich die Frage nicht. Aber warum gehe ich ins Theater? Die meiste Zeit ist es eher unverständlich und anstrengend. Warum betrachte ich Kunst, die ich nicht verstehe? Warum lese ich Literatur, die ich nicht durchdringe? Vermutlich, weil ich auf der Suche sein möchte. Wenn es nicht ein stumpfes Bildungsbürger-Über-Ich ist, das mich dazu treibt, dann vielleicht dieses: Ein Teil von mir will keine Klarheit, er sucht nach höherer Unklarheit. Der stets strebende Teil, der sich bemüht, aber nie erreicht, nie versteht. Dafür ist die Kunst da. Nur immer wieder in die gleichen Unklarheiten geworfen zu werden oder auf die gleiche Weise provoziert zu werden, befriedigt diesen Anspruch nicht. Deshalb wende ich mich immer wieder dem Guten, Klaren und Schönen zu - den verlässlichen Klassikern. Die kann ich genießen, aber irgendwann reicht es dann mit dem Genuss und ich will wieder verwirrt werden.
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