letzte Kommentare: / ... was ja dafür... damals / Schule wirkt nach pelicola delle rane / glaube nicht, dass... c17h19no3


16
Juli
Das Rumsitzen genießen können
Ich sitze ja hier nur rum. Niemand fragt, was ich tue. Natürlich bin ich immer beschäftigt, ich sitze ja vor meinem Computer. In Wahrheit träume ich, lese ich, surfe ich. Die Diss. und ein paar Artikel werden nebenher zusammengeschrieben: an einigen Tagen, vielleicht auch Wochen, gebe ich mir dann doch mal einen Ruck - zumindest nachmittags von drei bis sechs. Ansonsten lebe ich davon, dass man mich für klug und fleißig hält. Ich kann das Gegenteil so oft beteuern, wie ich will, es ändert nichts. Die Gewissensbisse sind mit der Zeit auch verschwunden und das Wetter ist selten so gut, dass ich mein Büro für ein Gefängnis halten müsste. Heute allerdings schon, deshalb gehe ich über Mittag an den See. Die Diss. gebe ich nächste Woche ab, das wird schon.
Genügend Geld ist auch da, die Seminare sind nicht voll und machen Freude. Höchste Zeit hier aufzuhören, sonst will man nicht mehr weg und irgendwann jammert man über die Massen an Arbeit, die man sich selber aufgehalst hat.

 
 
11
Juli
Die Müden
Am Tisch sind sie eher lahm und müssen unterhalten werden, womit ich mir gefalle, hoffentlich so, dass es nicht unangenehm auffällt. Man möchte ja gerne anecken bei denen, aber nicht damit, dass man eingebildet wirkt. Gut, dass ich filmen muss und daher oft verschwinden kann - dann ist es ein Leichtes die Runde wieder etwas aufzumischen, wenn man zurückkommt. Das geht zum Beispiel schon alleine dadurch, dass man Themen von vor 20 Minuten noch mal aufgreift. Keine Sachthemen, natürlich. Die darf muss zwar nicht gänzlich vermeiden - man will ja nicht direkt wie ein Freak wirken - aber man muss schnell von ihnen weg.
Tanzen ist erstaunlicherweise auch ein Ausweg, besonders wenn man es nicht kann. Da kann man nicht blasiert wirken, nur amüsant und vielleicht etwas draufgängerisch. Wenn Michael Jackson zu irgendwas gut ist, dann dazu. Er lädt zu Spasmen ein, man muss das nicht können, man muss nur zappeln. Können wäre sogar hinderlich, wie wirkt denn jemand, der Michael Jackson-Moves perfekt drauf hat? Nach Michael Jackson kann gerockt werden und dann trennen sich die harten von den Müden.
Im Zug zurück sitzen sie dann mit liebevoll geneigtem Kopf vor ihrem Notebook und lassen ihre Finger über die Tastatur tanzen, freihändig, ohne Handballenauflage. Die Müden handeln aus Liebe, sie brauchen keine Abstützung und auch keine Exzesse. Sie sind zufrieden mit dem, was sie tun. Für sie ist es auch in Ordnung, wenn eine Hochzeit um ein Uhr endet. Sie sind die Guten, ganz bestimmt. Aber was will ich mit denen?

 
 
06
Juli
Idol
Wenn man häufig darüber spricht, was Das RICHTIGE wäre und auch sonst mir Urteilen nicht spart, sich dabei notgedrungen im Lauf der Zeit widerspricht, muss man sich nicht wundern, wenn man plötzlich an allem Schuld ist.

[Nicht ich.]

 
 
02
Juli
Romantik
Immer bunter und luftiger werden die Kleider der Studentinnen, die hübsch und nicht überschminkt auf dem Campus flanieren oder in der Sonne sitzen. Auch wenn sie jetzt schon "die anderen" sind, weil viel zu jung und mit mir entgegengesetzter Blickrichtung im Seminar, ist es doch schön sie sehen zu dürfen. Arbeitet man irgendwann in einem grauen Büro, sind da vielleicht elegante Businessdamen oder dicke Sekretärinnen, aber diese Sommerjugend ist da bestimmt nicht mehr. Dennoch: Abschied muss sein. Mode und Buntheit kann kein Grund für die Berufs- und Lebenswahl sein. Obwohl, warum eigentlich nicht?

[Die Anderen, das sind die Grauen, die es nicht gibt.]

 
 
22
Juni
Normativität
Ich will so sein, dass sich die tollen Frauen in mich verlieben. Tolle Frauen verlieben sich nicht in Business-Typen, tolle Frauen wollen kein Geld von ihren Männern. Sie wollen in einer Mischung aus Höflichkeit und Dreistigkeit originell unterhalten werden.
Die üblichen Coolness-Standards der Männer bringen mir nichts. Was habe ich davon, wenn mich ein paar Jungs bewundern, weil ich bei McKinsey bin oder viel saufen kann? Bei den Damen habe ich natürlich auch nichts davon! Wer so denkt, hat die Kunst und den Sinn des Flirts nicht verstanden. Wenn ich so sein will, wie es den Frauen, in die ich mich verlieben würde, gefällt, darf dieses Sosein nicht zum Zweck werden, denn das würde ihnen nicht gefallen. Ihnen gefällt das Spiel, und Spiele haben keinen Zweck. Die Männer wollen lieber straight to the point, sie wollen Klarheit, auch nach Feierabend. Sie ignorieren, was nicht in ihre Welt passt.
Den Frauen, in die ich mich verlieben würde, gefällt gerade die Grenzüberschreitung. Deshalb habe ich bei den Jobvorträgen immer nach der Frauenquote gefragt, aber die scheint überall eher niedrig zu sein. Muss ich wohl doch was Soziales, was mit Kindern oder am besten, was mit Kunst und Kultur machen. Nichts mit Medien oder gar Kosmetik, da sind nur Schnepfen, die nicht mehr spielen können.

 
 
19
Juni
Lieber nicht coole Sau
Meine Businessfreunde aus Studienzeiten sind klug, schnell, cool und zynisch. Nur beeindruckt mich das nicht mehr, denn es ist alles so absehbar, was sie sagen. Und sie können sich nicht mal mehr wundern, wenn ich etwas sage, was nicht ganz ins Schema passt. Ihr Gesicht wird dann leer, meine Rede wird gar nicht wahrgenommen.

[Männerrunden.]

 
 
18
Juni
Coole Sau
Das schönste an der Wissenschaft, besonders der Philosophie, ist ja, dass man sich viel erlauben kann, dass es keine Konventionen gibt. (Auch keine Nerd-Konventionen - oder erkenne ich sie nicht?) Warum ist das eigentlich nicht überall so? Warum würden Personalchefs aufschreien, wenn jemand in seinem Lebenslauf "drinking" als Hobby angeben würde? An der Uni scheint das ok zu sein. Ist der Anstrich der Seriosität nicht viel hässlicher, als intelligente Freiheit? Was will man überhaupt mit Seriosität? Hat sie die Banken glaubwürdiger gemacht? Macht sie irgendetwas glaubwürdiger? Ist nicht Freundlichkeit, Coolness und Intelligenz dafür viel besser geeignet? Ja, aber sie ist nicht so billig zu haben. Die Maske der Seriosität ermöglicht es Arbeitgebern und Arbeitnehmern mit wenig Anstrengung guten Willen zu zeigen. Wer für sich selbst arbeitet, braucht den Quatsch nicht.

 
 
14
Juni
Nerv
Wenn man krank ist, darf man ja nerven. Wobei man sich auch dann zurückhalten sollte, denn man will ja als guter Patient gelobt werden. Der wahre Charakter zeigt sich ja immer erst im Extremfall, also z.B. auch im Suff. Deshalb ist Suff für gar nix eine Ausrede.
Zum Glück muss man sich keine Sorgen machen, mit seinem Glück zu nerven. Da sind dann die Schuld, die sich genervt fühlen.

 
 
08
Juni
Gesundheit!
Man hat recht, wenn man zum neuen Lebensjahr vor allem Gesundheit wünscht. Gesundheit ist die notwendige Voraussetzung für vieles Glück. Die Frage ist allerdings, ob man in Geburtstagsbriefen Recht haben will. Will man nicht viel mehr den Jubilar erfreuen? Sollte man da nicht lieber etwas Originelles, statt etwas Wahrem wünschen? Oder sind die meisten Menschen derart ehrlich, dass sie solch ein Verhalten als falsch empfinden würden?

 
 
18
Mai
Entwaffnende Ehrlichkeit
Charme ist immer doppeldeutig. Wirklich charmant kann man nur mit einem (kaum merklichen!) Augenzwinkern sein. Fehlt das Zwinkern, wirkt man langweilig, weil zu einfach, zu durchschaubar. Entwaffnende Ehrlichkeit funktioniert nur über ein doppeltes Zwinkern. Man ist direkt und ehrlich, zwinkert, meint es aber dann doch so wie man es sagt - nur darf sich dabei niemand zu 100% sicher sein. Mit entwaffnender Ehrlichkeit(TM) macht man sich über die Kompliziertheiten des doppelbödigen Spiels lustig und ist deshalb nicht langweilig. Auch hier gilt: Man muss das Spiel durchschauen. Jemand, der ohne einen Anflug von Ironie "voll geil" oder "boah leck" sagen kann, ist raus. Man mag diesen Jemand beneiden, weiß aber, dass seine Welt für uns, für die anderen, unzugänglich bleibt. Die besten Menschen sind natürlich die, die wirklich in beiden Welten leben können und nicht nur so tun. Konsistenz ist einfach keine Forderung, die man an Menschen insgesamt stellen sollte.

 
 
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Last update: 21. Dez, 15:08
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