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26
Mai
Wedding, actually
Schon kurz nach der Ankunft schien mir der Wedding sympathisch. Mit der Eröffnung der Spielplatz-Saison sehe ich mich bestätigt. Hier wechsele ich ein paar Worte, dort knüpfe ich Kontakte. Natürlich ist der Ausländeranteil höher, die Kriminalität auch. Schicke Bars und Modegeschäfte fehlen. Aber die Leute sind nett, man kommt ins Gespräch. Sie drehen sich nicht nur um sich selbst. Und es gibt schönere Parks als den Mauerpark.

 
Interessant, dass Sie das auch so empfinden. Ich hatte bei mehreren Berlin-Aufenthalten mit Töchterlein Gelegenheit, Spielplatz-Beobachtungen in verschiedenen Bezirken (Friedrichshain, P-Berg, Wedding, Mitte, Kreuzberg) anzustellen. Und in den vermeintlichen Problembezirken Wedding und Kreuzberg erschien mir das zwischenmenschliche Mikro-Klima auf den Spielplätzen mit Abstand am angenehmsten.
Ohne das Gesagte in Frage stellen zu wollen, denn das sehe ich ähnlich, wiegt es leider auf lange Sicht nicht die Kotze im Briefkasten oder die zerstochenen Reifen auf.
 
So wird es aber nicht bleiben. Wedding ist nach Neukölln der nächste Bezirk, der prenzlauerbergisiert wird, wetten?
 
@zak:
Als gelegentlicher Besucher bei ein Freunden dort (Seestraße, nicht weit weg von den afrikanischen Straßennamen) kann ich von solchen Härtefällen nicht berichten. Ich glaube es aber unbesehen, dass dergleichen keinen Seltenheitswert hat. Wobei es im Wedding wahrscheinlich auch halbwegs erträgliche Ecken gibt.

@teichrose: Das scheint mir duchaus nicht unplausibel. Allerdings glaube ich nicht so recht (auch im Fall von Neukölln nicht), dass dieser Gentrifizierungsprozess so flächendeckend ablaufen wird wie im P-Berg.
 
@mark793: Möglich, dass das nicht so flächendeckend wird. Aber ich lebe seit Mitte 1990 in P-Berg. Und wenn ich da Fotos von damals anschaue.... Wenn eine so durchgreifende Veränderung in 20 Jahren passieren kann, halte ich das auch anderswo für möglich. Sind jedenfalls schon jede Menge Künstler und andere Wegbereiter nach Wedding gezogen. Aber da ja Krise ist und das Geld knapp, wer weiß.
 
Das ist der Punkt.
Der P-Berg "profitierte" (wenn man es denn so sehen will) seinerzeit sehr stark von Zuzug von Kaufkraft-Klientel von außerhalb Berlins. Das lässt sich in dem historisch einmaligen Ausmaß nicht beliebig wiederholen. Kann also sein, dass die Künstler und Pioniere neues Land im Wedding erobern und ein paar Kieze mittelfristig aufwerten, die dann aber letztlich nur Brückenköpfe bleiben.

Man weeßet nich...
 
Wedding kommt. Seit zehn Jahren.
 
Nein nein, der Wedding geht schon wieder. Oben erwähnte sind nämlich kolportierte Erfahrungen von Freunden, die euphorisch in den Wedding zogen und ihn nun wieder verlassen haben, eben: weil. Das ist aber eigentlich auch wurscht, mir geht nämlich dieser gesamte Stadtviertel- und insbesondere Gentrifizierungsdiskurs manchmal so dermaßen auf den Sack, dass ich dann ein jedesmal über die einzig wirklich funktionable Möglichkeit nachdenke, diesem und all dem anderen in diesen Formen wirklich berlinspezifischen Blödsinn zu entkommen, nämlich, was sonst - die Stadt einfach endgültig zu verlassen und in eine anständige solche zu ziehen.
 
Da haben Sie etwas Wahres gesagt. (Zur Verteidigung: Nicht ich, sondern meine Freunde haben mit dieser Stadtteildiskussion angefangen!) Außerdem: diese ganze Stadtteil- und Lifestyle-Scheiße grassiert mittlerweile überall. Wahrscheinlich sogar in Wanne-Eickel. Nirgendwo mehr der Mensch im Mittelpunkt, außer auf dem Titel von Parteiprogrammen.
 
Dass solche Themen und Vorgänge natürlich auch in anderen Städten stattfinden, ist klar. Jedoch die Art des Umgangs damit nehme zumindest ich als eine berlinspezifische Ekeligkeit wahr, die ich so in anderen Städten, die ich bisher bewohnte oder besuchte, noch nicht so sehen konnte. In "richtigen" Städten wird da einfach entspannter und selbstverständlicher mit umgegangen, es hat da nicht diesen fundamentalistischen Kampfton. Und die Wanne-Eickel-These kann ich auch nicht unterschreiben, da ich denke, dass diese bestimmte Art Diskurs erst ab einer gewissen Größe und auch Metropolenrelevanz stattfindet. Die Kleinen haben einfach andere Probleme.